Das war erst der Anfang von Paul Schulz
Ich hab immer noch nicht ausgeatmet als Mutter gestern Abend anruft. „Mann, Junge, jetzt freu dich doch mal. Das habt ihr doch wirklich verdient.“ Recht hat sie. Trotzdem begreife ich erst im Laufe des heutigen Tages: Alles gut. 200 deutsche Gutmenschen per Bus hin und wieder zurück, hervorragende Berichterstattung in den internationalen und deutschen Medien, eine gelungene Parade mit (schätze ICH) zwischen 10.000 und 12.000 Teilnehmern, fünfmal soviel wie im letzten Jahr. Gutes Wetter. Keine Verletzten, keine Toten, nur ein paar Eier und böse Sprüche. Dafür Omas die Blumen vom Balkon schmeißen und Mütter die Kleinkinder im Fenster hochhalten, damit die uns winken können. Eine Abschlussparty mit minimaler Professionalität und vielleicht auch deswegen maximalem Charme. Danach noch Wodka mit Apfelsaft im „Tomba Tomba“, einem der schönsten Clubs der Welt. Kaum geschlafen, sehr viel Spaß gehabt.
Alles hat genauso stattgefunden, wie wir alle uns das vor 11 Wochen gedacht haben, als die erste Delegation mit einer Liste Wünsche und Träume für den 10.Juni aus Warschau wiederkam. Und DAS ist gar nicht so leicht zu begreifen.
Auch wenn’s mir schwer fällt: Ich glaube nicht, das wir Glück gehabt haben. Kommunistisch-protestantisch erzogen wie ich bin, weiß ich: das war Arbeit, meine Damen, Herren und alle anderen. In Warschau, in Berlin, in Europa ist von vielen Menschen viel dafür getan worden worden, damit das so lief. Was auch bedeutet: es geht. Wenn die richtigen Leute, das Richtige wollen und bereit sind, dafür auch etwas zu tun oder zu riskieren, kann man in wenigen Wochen ein wichtiges europäisches Land ein bisschen verändern und einen Diskurs lostreten, der sich nicht einfach wieder abstellen lässt. Endresultat: Das Gefühl gelebter Demokratie. Kostbar, weil selten und gerade deswegen ein toller Ansporn, um weiterzuarbeiten. Denn das, meine Lieben, war erst der Anfang. Und ausatmen.